![Im Gegensatz zur Eröffnung im Dezember hat man im Frühling meist weite Uferstrecken für sich allein.]()
Viele Seeforellenfreaks können diesen Tag kaum erwarten. Am 16. Dezember pilgern wieder Dutzende Petrijünger aus der ganzen Schweiz an den Lac de Joux. Dass es noch weit mehr Gründe als die Seeforellen für eine Reise in den Waadtländer Jura gibt, weiss Lukas Bammatter. Das Vallée de Joux ist weltberühmt für den Weichkäse Vacherin Mont-d’Or und seine Uhrenindustrie. Renommierte Marken wie Audemars Piguet, Breguet, Jaeger-LeCoultre werden noch heute im westlichen Zipfel des Waadtländer Juras hergestellt. Die fischereilichen Vorzüge des grössten Sees im Tal waren hingegen lange ein gut gehütetes Geheimnis. Nur wenige Deutschschweizer Petrijünger, meist aus dem Kanton Bern, verirrten sich an den Lac de Joux auf 1004 Meter ü. M. Erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurde er auch unter Fischern der restlichen Schweiz häufiger zum Thema. Trotz des oftmals garstigen Wetters mit Temperaturen im zweistelligen Minusbereich fiebern jedes Jahr unzählige Seeforellenfreaks der ersten Schweizer Seeforelleneröffnung entgegen. Eine wachsende Fischerschar, teilweise sogar in Cars, pilgert jeweils am 16. Dezember ins Vallée de Joux, um gemeinsam den frühesten Saisonstart der Schweiz zu zelebrieren. Mittlerweile ist der Ansturm so gross geworden, dass die Patente an den beliebtesten Verkaufsstellen teilweise nach kurzer Zeit ausverkauft sind. Einigen einheimischen Fischern ist dieser Rummel zu viel geworden. Zudem stellten lokale Fischereivereine den Antrag an die Fischereibehörden, die Fischerei im See vom 15. November bis zum 15. Dezember zu verbieten. Angeblich haben einige schwarze Schafe regelmässig das Beissverhalten der Seeforellen in der Schonzeit getestet. Voraussichtlich wird das Verbot mit der nächsten Revision der Fischereivorschriften eingeführt. Kritische Stimmen wären gar einer Verschiebung des Eröffnungstermins auf Ende Dezember nicht abgeneigt. Dies mit dem Hintergedanken, dass der See zu diesem Zeitpunkt in den meisten Jahren bereits zugefroren sein wird und sich die Schonzeit damit automatisch bis in den Frühling verlängert. Im nahezu komplett abgeschlossenen Vallée de Joux bildet sich im Winter bei entsprechender Wetterlage oft eine Kaltluftblase, welche die Temperatur stark sinken lässt. Der See friert dann innert weniger Tage zu – sehr zur Freude der zahlreichen Schlittschuhläufer. Im 19. und bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts hatte das Eis auch einen ökonomischen Stellenwert: Es wurde an Spitäler, Brauereien und Gasthäuser verkauft und nach Frankreich sowie Deutschland exportiert. Gute Fangchancen nach der Eisschmelze Die besten Fangchancen auf Seeforellen, da sind sich viele Kenner einig, bestehen ohnehin im Frühling, wenn das Eis taut. Meist ist dies Anfang März der Fall. Sobald sich die Eisdecke lockert und ein kräftiger Wind aufzieht, geht es schnell. Die Eisschollen werden, je nachdem aus welcher Richtung der Wind weht, in die obere oder untere Seehälfte verfrachtet, wo sie innerhalb zwei bis drei Wochen gänzlich wegschmelzen. Im Gegensatz zum Saisonstart und den folgenden Tagen hat man im Frühling häufig weite Uferstrecken für sich allein. Der Lac de Joux zählt zu den reizvollsten Gewässern für die Seeforellenfischerei vom Ufer. Die Südostseite mit ihren verhältnismässig flachen Ufern eignet sich optimal zum Watfischen. Besonders beliebt ist die Strecke zwischen der Bachmündung der Lionne bei L’Abbaye und der Landspitze bei Vers chez Grosjean. Weniger befischt wird die Nordwestseite, wo der See in seiner ganzen Länge von der markanten Gesteinsrippe Le Revers begleitet wird. Das Ufer ist hier stellenweise sehr steil und unwegsam. Ein offensichtlicher Hotspot auf dieser Strecke sind die beiden langen Steinmolen bei Le Rocheray. Hier versammeln sich häufig grössere Kleinfischschwärme, was auch die Räuber wissen. Von den 100 bis 200 Seeforellen, die jährlich von Sportfischern in die Fangstatistik eingetragen werden, geht mindestens die Hälfte auf das Konto von Uferfischern. Währenddem viele lokale Fischer erfolgreich mit klassischen Spinner- und Löffelmuster fischen, montieren Gastangler mehrheitlich moderne Wobbler. Vor allem Stickbaits wie der Wander von Lucky Craft oder der Water Monitor von Illex sorgen immer wieder für schöne Fänge. Aber auch schlanke Twitchbaits, die sich weit werfen lassen, bieten gute Erfolgschancen. Nymphe als Geheimwaffe Deutlich in der Minderzahl sind die Fliegenfischer. Eigentlich schade, denn kaum ein anderes Schweizer Gewässer bietet bessere Voraussetzungen, um eine Seeforelle mit der Fliege zu überlisten. Die flachen Uferzonen sind voll mit Nahrung. Zwischen den Kalkgesteinen und in den zahlreichen Unterwasserpflanzen findet man Unmengen an Insektenlarven, Kleinkrebsen, Schnecken und Muscheln. Unter anderem besiedelt die Larve der stattlichen Maifliege die Uferzonen. Die Seeforellen schätzen sie nicht nur als Nymphe, sondern auch als ausgewachsenes Fluginsekt. Der Maifliegenschlupf findet jeweils Ende Mai / Anfang Juni statt. Es braucht Glück, um dieses Naturschauspiel mitzuerleben, und noch mehr «bonheur», um eine steigende Seeforelle zu überlisten. So oder so wäre es ein grosser Fehler, nur die Streamerbox an den Lac de Joux mitzunehmen. Der Autor selbst hat hier schon einige, wenn auch mehrheitlich kleinere Silberbarren mit Nymphen überlistet. Zugegeben: Ein kapitaler Fang ist damit nicht zu erwarten, aber Fische bis 60 Zentimeter sind jederzeit möglich. Wenn starker Wind die Uferzone aufwühlt und unzählige Kleintiere freispült, fressen viele Seeforellen im flachen Wasser. Oft machen sie sich dabei mit Ringen und Spritzern an der Oberfläche bemerkbar. Fängige Muster sind etwa 1,5 bis 2 Zentimeter lang und besitzen ein Schwänzchen aus Marabou- oder CDC-Federn. Dieses sollte beim langsamen Einzupfen verführerisch pulsieren und so die Seeforellen zum Anbiss reizen. Der grosse Vorteil der Larven-imitation ist, dass die Forellen diese quasi im Vorbeischwimmen ohne die geringste Skepsis einsammeln. Fehlbisse gibt es daher nur selten. Wer Neuland betreten möchte, sollte es einmal vom treibenden Boot mit einer Zweier- oder Dreierkette an Nymphen versuchen. Das sogenannte «Loch Style-Fishing» wird in Grossbritannien seit Urzeiten erfolgreich zum Forellenfischen in grossen Seen betrieben. Ich sehe keinen Grund, warum diese Methode nicht auch auf unsere heimischen Seeforellen Erfolg bringen sollte… Schleppen ist Trumpf Auch wenn man am Lac de Joux gute Fangchancen vom Ufer hat, ist die Schleppfischerei die produktivste Methode. Der rund neun Kilometer lange und im Durchschnitt knapp einen Kilometer breite See lässt sich gut auch von kleineren Booten aus befischen. Wanderboote sind erlaubt und können bei der Bootsrampe zwischen den Steinmolen bei Le Rocheray eingewassert werden. Der Lac de Joux eignet sich zudem auch gut zum Fischen vom Kanu oder Kajak. Pro Patent darf mit maximal fünf Schnüren und Anbissstellen geschleppt werden. Seehunde oder mehrere Schleppbrettchen sind aber nicht zwingend...